Susanne Ring entwickelt ihre eigene, einzigartige Ikonographie, indem sie alte Formen aus verschiedenen Epochen und Kontinenten neu bearbeitet. Ihre skulpturale Installation kann in zwei grundlegenden Kategorien betrachtet werden: in ihrem Verhältnis zum Raum, und ihrem Verhältnis zur Zeit. Das sorgfältige Arrangement archaisierender Figuren, die eigentümliche Ensembles bilden, erlaubt es dem Betrachter, die Beziehungen zwischen den einzelnen Objekten, dem Raum, in dem sie sich befinden, und den Dimensionen, in denen sie funktionieren, zu verfolgen. Ihre Formen leiten sich von antiken Gefäßen ab, die die Künstlerin einer kreativen Metamorphose unterzogen hat, wobei sie Verformungen und anthropomorphe Elemente einführte. Vasen, Amphoren, Krüge dienen traditionell als Gebrauchsgegenstände mit verschiedenen Funktionen und Zwecken. Die Künstlerin sieht in ihnen jedoch eine Analogie zum menschlichen Körper, der als eine Art Gefäß verstanden wird. Ihre Bäuche, Hälse und Deckel nehmen in Susanne Rings Werk zunehmend erkennbare menschliche Züge an.


Lehm als Material ist bei Susanne Ring das übergeordnete Prinzip, das ihr künstlerisches Universum bindet und ordnet. Seit prähistorischen Zeiten werden aus diesem Material Objekte und Gefäße hergestellt, die eng mit der menschlichen Existenz verbunden sind, wie z. B. Kanopenurnen mit Grabfunktionen, mykenische Figuren mit kultischen und rituellen Funktionen oder ägyptische Uschebtis, die die Toten betreuend ins Jenseits begleiten. Lehm impliziert Körperlichkeit, Vitalität, Verbindung mit der Erde, eine Art Urkosmogonie, die dem Zyklus von Leben und Tod zugrunde liegt und den Austausch von Materie, die Verwandlung von Körperlichkeit in metaphysische (Nicht-)Entitäten beinhaltet. Man kann also die von der Künstlerin geschaffenen Objekte als eine Art Vermittler zwischen der zeitlich greifbaren Körperlichkeit und der kosmischen immateriellen Esoterik interpretieren.

 

Marta Wróblewska, 2021